12 Regeln der Kritik
12 Regeln der Kritik
Sieben Regeln für das Geben von Kritik
1.) Geh davon aus, dass jeder versucht hat, sein Bestes zu geben.
Wir sind durch unsere Kindheitserfahrungen leider dadurch geprägt, dass wir in der Schule oder von unseren Geschwistern absichtlich geärgert wurden. Das stimmt so im Erwachsenenleben hoffentlich nicht mehr. Fast alle Menschen, die ich kenne, wollen nett sein und mit ihren Mitmenschen friedlich auskommen. Leider prägen uns Kindheitserfahrungen stärker als alles andere und daher reagieren wir zu schnell in den Mustern unserer Kindheit. Aber Du hast die Zeit das Gespräch vorzubereiten und damit auch die Wahl, Dich wie ein Erwachsener zu verhalten: Entspann Dich! Der andere wollte Dich bestimmt nicht absichtlich ärgern! Es war wahrscheinlich ein Versehen.
2.) Kritik niemals schriftlich äußern.
Keine E-Mail (SMS, Whats App…), auch wenn es zu verlockend ist, sich den Frust von der Seele zu schreiben. Selbst wenn Du alle weiteren Regeln der Kommunkiation (weiter unten) beachtest, wird so eine mit negativer Emotion geschriebene E-Mail beim Empfänger immer “pampig” erscheinen.
3.) Kritik immer im Zweiergespräch äußern, Lob -wenn möglich- vor der Gruppe äußern.
In meiner Jugendzeit war ich als Jungscharleiter eingagiert. Wir haben mit mehreren Jungschargruppen und mit der Leiterin der ganzen Jungschararbeit der Gemeinde, ein Kinderwochenende veranstaltet. Am Ende sollten wir alle zur Ermutigung der Gruppe sagen, was gut war. Ich wollte auch sagen, was ich nicht gut fand, aber unsere Leiterin hielt mich zurück: Kritik immer unter vier Augen, Lob vor der Gruppe. - Danke, Gerlinde, für diese Lektion -
Auch Jesus hat dieses Prinzip schon vor zweitausend Jahren gelehrt: Immer als erstes: Kritik unter vier Augen. Wenn das nichts bringt, ist die nächste Eskalationsstufe: Einen unbeteiligten, neutralen Dritten zum Gespräch hinzuziehen. Erst wenn das nichts bringt, die letzte Eskalationsstufe: Die Kritik vor der ganzen Gruppe vorbringen.
4.) Benutze die 4 Schritte der Gewaltfreien Kommunikation (Marshall B. Rosenberg)
https://de.wikipedia.org/wiki/Gewaltfreie_Kommunikation↗
Am besten du kaufst dir ein Buch darüber oder besuchst ein Seminar. Daher hier nur die Kurzversion:
1. Beobachten
Ich beschreibe, was in der Vergangenheit passiert ist, aber nur objektive Tatsachen.
2. Mein Gefühl
Ich beschreibe, wie ich mich dabei gefühlt habe.
3. Mein Bedürfnis
Ich artikuliere, was ich brauche.
4. Meine Bitte
Ich äußere einen Vorschlag, wie mein Bedürfnis erreicht werden kann.
Meiner Erfahrung nach sind die ersten beiden Schritte die wichtigsten. Wenn ich sie richtig hinkriege, ist der Rest des Gesprächs ein Selbstläufer.
Für mich sind noch folgende Tipps wichtig:
Zu Schritt 1: Beschreibe nur objektive Tatsachen, bei denen du sicher bist, dass der andere nicht widersprechen wird. Ist es nur ein Gerücht? Dann sage: “Mir ist zu Ohren gekommen, dass… . Stimmt das?” Manchmal klären sich Probleme ganz anders als gedacht.
Zu Schritt 2: “Ich fühle mich verarscht!” ist kein Gefühl, sondern ein indirekt zum Ausdruck gebrachter Vorwurf!
Zu Schritt 4: Manchmal hat mein Gesprächspartner viel bessere Ideen, wie eine gute Lösung aussehen könnte.
Übrigens: Die vier Schritte passen meiner Beobachtung nach ganz gut zu den vier Ohren von Schulz von Thun:
Schritt 1: Sachebene
Schritt 2 und 3: Selbstoffenbarung
Schritt 4: Appell
5.) Keinen Fruststau entstehen lassen!
Wenn du dich über etwas ärgerst, such den Kontakt so früh, wie möglich, solange der Ärger noch klein ist.
Wenn mein Nachbar laute Musik hört und ich nicht einschlafen kann, dann gehe ich sofort zu ihm. Ich schildere mein Schlafbedürfnis und bitte ihn höflich, die Musik leiser zu machen. Wenn ich erst eine Stunde lang versuche einzuschlafen wird es nicht klappen, der größer werdende Ärger wird den Schlaf effektiv verhindern. Aber nach einer Stunde bin ich nicht mehr entspannt genug, die Situation freundlich zu besprechen.
Versuche auch nicht mehrere Ärgernisse auf einmal zu besprechen. Ein Kritikpunkt zu Ende diskutieren, wenn dann noch Kraft da ist, darf der nächste Punkt drankommen. Wenn du zu viele Probleme auf einmal besprechen willst, kann keines effektiv diskutiert werden. Im schlimmsten Fall fühlt sich dein Gesprächspartner nur an den Pranger gestellt.
Wenn du ein paar Sätze geredet hast, lass deinem Gesprächspartner etwas Zeit, darauf zu reagieren. Wenn er ein guter Kommunikator ist, wir er versuchen, das Gesagte zu spiegeln. Das wird aber immer schwieriger je mehr du auf einmal erzählst. Stell dir vor: In deinem 10 Minuten-Monolog hat dein Gesprächspartner in der zweiten Minute dich nicht richtig verstanden und somit den Rest völlig falsch gedeutet. Was für ein Mißverständnis wird entstehen!
6.) Keine hypoglykämische Aggression!
Ihr solltet beide satt sein. Manchmal löst ein belegtes Brötchen einen Konflikt besser als alle Kommunikationsregeln - meine Frau kann das bezeugen.
7.) Unterschiedliche Interessen bleiben manchmal bestehen - aber Verständnis kann trotzdem helfen.
Vielleicht wird dein Gesprächspartner auf dein Bedürfnis nicht eingehen können. Vielleicht verhindert das Allgemeinwohl oder das Wohl der Gruppe, dass Ihr darauf Rücksicht nehmen könnt. Dann hilft es dir aber trotzdem emotional, wenn klar wird: Er versteht dein Bedürfnis und würde Dir gerne helfen, aber leider geht es nicht.
Fünf Regeln zum Akzeptieren von Kritik
1.) Du bist wertvoll
Egal, was der andere dir sagt: Gott liebt Dich! Ob der andere mit seinen Kritikpunkten recht hat oder nicht: Dein Selbstwertgefühl braucht sich davon nicht beeindrucken zu lassen.
2.) Feedback ist immer ein Geschenk.
Auch Kritik ist wertvoll, sie offenbart die Gefühle des Kritikgebers und seine Beziehung zu dir. Manchmal sagt Kritik sogar mehr über den Kritikgeber als über den Kritiknehmer. Nicht jede Kritik ist sachlich berechtigt. Aber selbst wenn nicht: Heiße sie willkommen. Du lernst in jedem Fall daraus.
3.) Aktives Zuhören und Spiegeln.
Wenn der andere zwei, drei Sätze gesagt hat, versuche das Gesagte mit eigenen Worten kurz zusammenzufassen. Das nennt man “Spiegeln”. Wenn er ein guter Kommunikator ist, wird er dir dafür eine kurze Pause einräumen. Wenn du ihn richtig verstanden hast, wird er sich durch deine Worte auch verstanden fühlen. Wenn ein Missverständnis vorliegt, kann es schnell geklärt werden.
4.) Drücke dein Mitgefühl aus.
In Kisuaheli gibt es dafür ein eigenes Wort: “Pole”. Das heißt: Ich fühle mit dir.
Du bist ein mitfühlender Mensch. Egal ob die Kritik sachlich berechtigt ist oder nicht: Dein Gesprächspartner hat ein Problem, das offenbar so groß ist, dass er sich den Aufwand gemacht hat und das Risiko eingegangen ist, mit dir darüber zu reden. Das alleine deutet daraufhin, dass er große Not leidet.
5.) Sei schnell darin Dich zu entschuldigen, wenn du etwas falsch gemacht hast.
Meine Mutter hat mich -zum Glück- als Kind dazu schon gezwungen. Ich hatte ein anderes Kind geärgert. Meine Mutter bestand darauf, dass wir anrufen und ich mich entschuldige. Ich weiß noch, wie unmöglich es mir damals erschien. Aber: Als ich mich entschuldigt hatte, ist nichts schlimmes passiert.
Es gibt fast keinen ernsthaften Konflikt, wo nicht jemand einen Fehler macht und bei größeren Konflikten machen fast immer beide Parteien Fehler. Oft verletzen sie sich, manchmal sogar absichtlich. Eine Entschuldigung tut nicht weh, sie hilft immer. Selbst wenn es nur eine Entschuldigung für eine mißglückte Kommunikation ist. Sie bricht die Front auf.
Sie zeigt: Ich gebe zu, dass ich nicht immer alles richtig mache. Bei uns ist es erlaubt, Fehler zu machen.
Sei ehrlich zu dir selbst: Du bist nicht immer der tolle Hecht!
Wie reagiere ich auf eine Entschuldigung?
Viele Menschen lügen und sagen: “Das war doch nichts.” Das darft Du aber nur sagen, wenn es wirklich nicht schlimm war. Überlege Dir gut, was Du gefühlt hast. Ansonsten könnte es sein, dass dein Gesprächspartner meint, du nähmst die Entschuldigung nicht ernst. Wenn sein Verhalten dir wirklich persönlich etwas ausgemacht hat, dann nimm die Entschuldigung an und vergib ihm. Und wenn es dir schwerfällt, dann denke an deine eigene Vergangenheit, an die Dinge, die du am liebsten ungeschehen machen würdest. Dann fällt es dir leicht. Denn wir sind alle nur Menschen und keiner ist perfekt.
Die Fähigkeit mit Fehlern umzugehen und die Bedeutung von Vergebung und Entschuldigung ist meiner Meinung nach unser wichtigstes kulturelles Erbe. Es ist die Voraussetzung für gelingende Partnerschaft, für gesunde Familien, für Innovation in Unternehmen. Wenn wir lernen noch besser mit Kritik umzugehen, kann uns das als Gesellschaft noch viel weiter voranbringen, in Unternehmen, Vereinen und Parteien.
Die Grundlagen dazu kommen aus dem Christentum. Daher sollte jeder etwas Grundwissen darüber haben, egal, ob er nun an Gott glaubt oder nicht.
Und eine letzte Sache noch:
Aus Fehlern lernen!
Wir alle machen Fehler. Wir alle verletzen uns gegenseitig. Wir dürfen die Fehler nicht abstreiten oder Ausreden für unser Verhalten suchen. Wichtig ist, dass wir unsere Fehler akzeptieren, wieder aufstehen, aus den Fehlern lernen, sie nicht wiederholen und uns versöhnen! Nur das bringt uns weiter!
Zum Schluß ein Zitat von Timothy Keller:
Don’t let success go to your head.
Don’t let failure go to your heart.
@timkellernyc↗ 3. Dezember 2015
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